Reisebericht Camino Portugues da Costa – Unser Jakobsweg, Tag 4

24.08.2019: Tag 4, unsere zweite Etappe von Vila de Conde nach Esposende.

Um Punkt 10 Uhr sind wir startklar und laufen los. Heute wollen wir früher ankommen. (Noch sind wir ehrgeizig :-)) Die ersten acht Kilometer laufen wir an der nicht enden wollenden Strandpromenade von Vila do Conde entlang.

Wir rechnen uns aus, dass wir um 13 Uhr mehr als die Hälfte der Etappe geschafft haben und dann Pause machen können. Grundsätzlich war dem auch so, aber es kam nichts mehr, um eine Pause zu machen. Kein Restaurant, keine Bar, kein Supermarkt. Und so gehen wir weiter über endlose Stege.

Bei Kilometer 14 haben wir das Glück, dass wir auf zwei Frauen treffen, die einen kleinen Stand mit Kleinigkeiten zu Essen und Getränken am Wegesrand aufgebaut haben. Wir nehmen zwei kleine aber eiskalte Flaschen Bier :-). Essen wollen wir in einem Restaurant (auf das wir nach wie vor hoffen).

Meine Oberschenkel und Ingos Füße tun weh. Laufen ohne Pause ist doch eher eine Qual. Zu allem Überfluss verlaufen wir uns 🙁 Durch den tollen Geruch von gegrilltem Fleisch angelockt, laufen wir an dem Brettersteg mit dem Wegweiser vorbei auf einen Campingplatz. Dort gibt es zwar ein  Restaurant und auch Essen. Aber das Essen sieht nicht sehr verlockend aus. Nein, DAS wollen wir nicht. Unser Essen soll eine Belohnung für unsere Anstrengung auf den zurückliegenden Kilometern sein und schmecken. Das hier Angebotene ist undefinierbare „Bratsche“ in verschiedenen Farben.

Also wieder zurück. Die Beine werden schwer. Jetzt sehen wir: der verlockende Geruch kam nicht vom Restaurant, sondern von den Grills der Camper. 🙂 Wir finden den gelben Pfeil wieder, sind also wieder auf der „Bretter-Piste“. Den Pfeil hatten wir eben vor lauter Hunger übersehen 🙂

Es dauert noch bis Kilometer 18,88 (etwa 14.30 Uhr), bis wir am Strand etwas zu Essen bekommen. Eine Strandbar, es gibt nur Kleinigkeiten. Aber die schmecken.

Zwei kalte Getränke für jeden von uns, Hamburger mit Chips für mich und Toast mit Krabben für Ingo. Es schmeckt – zur Stärkung noch einen Espresso. Das ganze kostet insgesamt 12,00 €. An die Preise könnte man sich gewöhnen. Weiter geht´s, wir haben schließlich noch 6,3 km vor uns.

Lange über Kopfsteinpflaster zu Laufen ist keine Freude …

… und wir sind froh, dass wir im Anschluss ein längeres Stück über einen sandigen Waldweg laufen können.

Nach der Brücke hinter Fao sind es noch knapp 2 Kilometer bis Esposende.

Wir sind in einem kleinen Hotel „Casa Rural“ untergebracht. Die Wirtin spricht kein Englisch. Ingo füllt unsere Unterlagen aus. Das Zimmer ist groß und das Bett auch. 🙂
Da wir beschlossen haben (oder einfach nur Ingo) uns nicht mehr hinzulegen, da man dann nicht mehr hoch kommt, gehen wir, nachdem wir unsere Beine und Füße versorgt haben (kaltes Wasser,  Fußcreme, Beinspray), in die Stadt.

Es ist eher ein Schleppen als ein Gehen und wir lachen über unsere schmerzenden Beine und Füße. Zu Essen bekommen wir noch nichts, viel zu früh. Aber zu trinken :-).

Die Pizzeria öffnet erst um 19 Uhr, die Fischrestaurants erst um 20 Uhr. Wir beschließen, unsere Laufstrategie ab morgen zu verändern. Nochmal so lange ohne Essen und Trinken wollen wir nicht gehen und es macht keinen Sinn, um 17 Uhr hungrig durch den Ort zu laufen, da es außer Toasts (die es in allen Variationen und in allen Restaurants gibt), Burger und Gebäck vor acht nichts gibt.

Als wir um 18:30 Uhr am Marktplatz sind, sehen wir das Pilgerpärchen von heute Nachmittag wieder. Sie suchen nach einem Schlafplatz, da alle Herbergen voll sind und die Hotels wohl auch. Wir geben Ihnen die Telefonnummer unseres Hotels, aber das ist auch voll belegt. Erstaunt fragen Sie, wie wir an unser Hotel gekommen sind. Im Voraus gebucht! 🙂 Hat aber den Nachteil, dass man nicht einfach vorher aufhören kann zu laufen, aber den großen Vorteil, dass man weiß, wo man am Abend schläft. Mit eigenem Bad. Für mich wäre das keine Option, müde und kaputt, mit schmerzenden Beinen abends nach einer Unterkunft zu suchen. Vielleicht treffen wir sie morgen wieder, dann bin ich gespannt, wo sie untergekommen sind.

Ab morgen machen wir alle eineinhalb Stunden Pause. So ist der Plan. Sitzen, Schuhe aus ,Füße entlasten,  etwas Essen oder Trinken -> mehr genießen. Das ist die neue Parole. Die letzten beiden Tage sind wir fast komplett durchgelaufen. Immer nur eine Pause. Definitiv die falsche Strategie. Als wir um 19 Uhr in die Pizzeria kommen werden wir ein zweites Mal weggeschickt, es würde noch 15 Minuten dauern bis sie öffnen.

Wir schleppen uns nochmal um den Block. Gehen in ein kleines Café, da es recht kühl geworden ist. Es ist Samstagabend, Fußball ist angesagt. Überhaupt läuft in Portugal gefühlt in jedem Restaurant immer mindestens ein Fernseher. Egal zu welcher Tageszeit.

Wir trinken einen Portwein, hmm … lecker. Das versöhnt.
Um 19.30 Uhr wieder hin zur Pizzeria, jetzt ist kein Platz mehr frei. Wir fühlen uns gelinde gesagt vera….. Google ist unser Freund, zur nächsten Pizzeria sind es exakt 600 m. Also los, nichts wie hin. Hier bekommen wir einen Platz. Geht doch 🙂 Der Kellner ist stoffelig, dafür sieht das Essen hervorragend aus. Spaghetti Carbonara für Ingo, für mich eine  Pizza (mit Tomate, Salami, Schinken, frische Champignons, Paprika, Oliven), dazu Getränke. Die Pizza ist ein Traum, im Holzkohleofen gebacken.

Ingos Hinweis an den Kellner per Google Übersetzer, dass das Essen hervorragend geschmeckt hat, stimmt ihn freundlich. Ein leichtes Grinsen huscht über sein Gesicht und bei der nächsten Getränkebestellung bringt er direkt die Flasche Wein mit an den Tisch und leert sie in mein Glas, welches jetzt randvoll ist. Wenn ich das leer habe, kann ich ins Hotel kriechen 🙂

Zum Glück ist es zum Hotel gar nicht so weit. Schnell noch ein Wasser holen an der Tankstelle und dann heim. Wir sind beide müde und k.o.

Das Gewicht vom Rucksack spürt man gar nicht so sehr am Rücken. Ich merke es eher in den Oberschenkeln. Die tun mir echt weh. Deshalb nochmal Schmerzgel auf die Oberschenkel und dann wird geschlafen.

Um 1.30 Uhr werde ich wieder wach. Schlafen am Stück ist im Moment nicht meins 🙁 Also nutze ich die Zeit und schreibe die Eindrücke der letzten zwei Tage auf. Dafür muss ab morgen tagsüber Zeit sein. Wir wollen ja mehr Pausen machen und nicht mehr so lange am Stück laufen.

Draußen kläfft alle zehn Sekunden ein Hund. Es ist mittlerweile 2.38 Uhr während ich das hier schreibe, der Hund bellt immer noch und irgendwo im Haus schnarcht jemand 🙁 …. Zum Glück haben wir Ohropax dabei.

Ich frage mich, wo die ganzen Pilger sind. Heute haben wir insgesamt nur vier Pilger gesehen, aber die Herbergen sind alle belegt gewesen heute Abend. Geht außer uns abends kein Pilger aus?

Ab morgen gehen wir auch mehr den Weg, den Google Maps vorschlägt. Heute sind wir überwiegend am Meer entlang gelaufen, was nicht immer der ausgeschriebene und markierte Weg war und es war weiter.

Erkenntnis des Tages: Öfter mal eine Pause einlegen.

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